ENDLICH

Zurück zu: Startseite / ENDLICH

ENDLICH

Endlichkeit – der Schlüssel zur Zufriedenheit

Zum Einstieg ein kurzes Gedankenexperiment: Bitte stelle Dir (noch bevor Du gleich weiterliest) einen Augenblick lang einfach nur irgendeinen alten Menschen vor.

Ok – Bild im Kopf?

Eine genauere Altersangabe braucht es hier nicht – ich möchte ja auch niemanden diskriminieren. Du – oder vielmehr Dein Unterbewusstsein – hat Dir soeben auch ohne diese Angabe verbildlicht, wie Du „alt“ definierst.
Und egal, ob Deine Vision gerade graue Haare hatte und Cordhosen trug oder ein angesagtes Hipster Hemd und Sneakers. Egal, ob Er oder Sie, ob sitzend oder stehend, ob drinnen oder draußen – worauf ich hinaus möchte ist etwas anderes. Schau nochmal in Gedanken genau hin: Wie wirkt diese Person auf Dich?

Hier wird‘s nämlich spannend, denn grundsätzlich unterscheiden wir Menschen ja erstmal in zwei Kategorien: In „gut“ und „böse“ – und das ist gerade bei „alten“ Menschen ziemlich interessant: Während die Einen zeternd und motzend auf „die Jugend“ schimpfen (wer auch immer das gerade ist), vom Naturell her tendenziell unzufrieden sind und Dich mit Geschichten von früher (wo alles besser war als heute in dieser verrückten Welt) auf ihre Seite zu ziehen versuchen, erscheinen die Anderen dagegen, als müssten sie ihre Vergangenheit auf einem komplett anderen Planeten verbracht haben. Ich will auf diese Erzählungen wie „ich hab da so `ne niedliche Omi getroffen“ oder „da war so ein lieber Opi an der Bushaltestelle“ hinaus. Kennst Du bestimmt.

Und obwohl Du wahrscheinlich mit beiden Kategorien bereits in Kontakt gekommen bist, entspricht Dein Fantasiebild von gerade wahrscheinlich eher der zweiten, sympathischeren Kategorie, oder? Und seien wir mal ehrlich: Wir beide wollen auch später lieber von Außenstehenden in die zweite Schublade eingeordnet werden…

Was uns an „Typ zwei“ fasziniert und anzieht, ist wohl die Zufriedenheit. Zufriedenheit meint hier das von außen wahrnehmbare in sich Ruhende, das sich eben nicht beklagen. Die Tatsache, schon ein ganzes Leben gelebt zu haben und auszustrahlen, dass das auch gut so war und ist.

Klar, das ist eine ziemlich blumige Idealisierung – aber Du weißt, was ich meine.

Da ich selber noch nicht in einem Alter bin, das ich als „alt“ definiere, weiß ich auch nicht, wie man zu einer solch erstrebenswerten Außenwirkung kommt. Doch eins ist mir klar: Ohne das von außen Wahrgenommene auch in sich zu tragen, wird es wohl nicht gelingen.

Zufriedenheit also.

Höher, schneller, weiter. Besser, größer, mehr. Macht das zufrieden? Oder doch eher Bescheidenheit, Demut? Keine Ahnung – ich weiß es nicht. Lässt sich nicht so einfach über‘s Knie brechen und pauschalisieren.

Also anders: Ein Ziel erreichen – das macht zufrieden. Oder sich einen lang ersehnten Traum erfüllt zu haben. Eine Gehaltserhöhung – sowas eben. Nur ist dieses „zufrieden sein“ irgendwie nie von sehr langer Dauer. Es ist ein kurzes Glück, denn nun „haben“ wir das Gewünschte ja erreicht/geschafft/bekommen – und das nächste gesteckte Ziel erscheint auf der Bildfläche. Weiter geht‘s!

Aber wo sie dann finden, diese Grund-Zufriedenheit? Die Gelassenheit, die Ruhe?

Nun – der Schlüssel liegt wohl beim Thema Endlichkeit. Und – nicht erschrecken: Wir steigen jetzt nicht ein in die aktive Auseinandersetzung dem Tod.

Ich meine hiermit das Verständnis, dass der nächste Tag nicht „ein weiterer Tag“ ist – sondern eben „einer weniger“ in unserem Leben.

Ganz wichtig hierbei: Es ist kein Anlass zur Trauer zu akzeptieren, dass diese Endlichkeit existiert – im Gegenteil: Es ist eine Erkenntnis, eine Einladung zur Bewusstheit!

Ich weiß, Themen wie Achtsamkeit und Bewusstheit sind gerade ziemlich hip und angesagt und wir fühlen uns ständig schon fast aufgefordert dazu, jedem Tun und Handeln diese Attribute zugrunde gelegt zu haben.

Aber: Niemand kann ständig nur achtsam sein, fühlen und handeln. Keiner lebt jede Sekunde seines Lebens in voller Bewusstheit und schöpft mit einem seligen Lächeln im Gesicht stetig nur das Wahre aus dem prall gefüllten Raum der Möglichkeiten.

Wir tun Dinge, von denen wir im Vorhinein schon ahnen, dass sie „nicht richtig“ sein könnten und machen Fehler. Jeder.

 

Auch „Typ zwei“ aus der Einleitung hat es vermutlich so gemacht. War nicht das Ganze Leben lang voller Bewusstheit im Hier und Jetzt – geht auch gar nicht.

Aber anscheinend ist sein/ihr Leben so verlaufen, dass es keine Reue hervorruft. Keine Reue, etwas nicht erreicht, bekommen oder geschafft zu haben. Keine Reue, etwas nicht versucht zu haben. Keine Reue, Fehler gemacht zu haben.

Eine so tiefe Zufriedenheit, die sogar von Fremden im Außen sichtbar oder spürbar ist, muss im Inneren fest verankert sein. Ein wichtiger Anfang ist denke ich, unsere Endlichkeit zu akzeptieren und daraus – jeder für sich selbst – Schlüsse zu ziehen. Das eigene Lebensmodell anzuschauen mit Fragen wie: möchte ich daran später gern zurückdenken? Würde ich meine jetzigen Gefühle später gern nochmal durchfühlen?

Je eher wir das Glück haben zu verstehen, dass unsere Zeit begrenzt ist – also ENDLICH – umso eher werden wir versuchen, diese Zeit mit Freude, schönen Erlebnissen und Gutem zu füllen – was auch immer das für jeden Einzelnen bedeuten mag.

Wir sind nicht ewig hier. Keiner von uns. Und wir können auch nichts mitnehmen von hier. Aber wir können so gelebt haben, dass wir am Ende ruhig und gelassen im Bushaltehäuschen sitzen und unserer Umgebung vermitteln: Ich? Bin zufrieden.